Das Leben ohne Zeitverlust

(Erich Kästner/ Edmund Nick)

Manche Frauen lieben kranke, blasse Dichter.
Dagegen hab ich nichts.
Manche Frauen glühen beim Anblick roter Mordgesichter.
Dagegen hab ich nichts.
Manche Frauen lodern auf bei jungen Männern
Wieder andere ludern gern bei kalten Kennern.
Dagegen hab‘ ich nichts, mein Herz hat mehr als eine offene Tür.
Deshalb hab ich nichts dagegen, doch ich hab‘ auch nichts dafür.
Ich hab‘ mein Leben lang nur einen Mann geliebt.
Und ich hab‘ Glück gehabt, daß es ihn gab und noch gibt.
Ihm bin ich zugetan, ob es Tag oder Nacht ist,
ich liebe stets den Mann, der gerad‘ an der Macht ist.
Ob er nun Staatsmann ist, ob Börsenheld, ob Krieger,
ich liebe den Sieger!

Drum kann geschehn was will: ich liege immer richtig.
Und in der Liebe ist das besonders wichtig.
Man hat mich im Verdacht, ich liebte das Neue.
O nein, ich lieb nur die Macht, und halt ihr die Treue.

Wen ich liebe, der kann schön sein wie ein Wandbild.
Dagegen hab ich nichts´.
Oder er kann groß und schwer sein wie ein Reiterstandbild.

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